Wann Aktieninvestments besser sind als ihr Ruf

Aktieninvestments gelten gemeinhin als risikoreich. Das muss aber nicht immer der Fall sein. In diesem Beitrag wollen wir uns einer, in Teilen doch augenöffnenden Analyse zu den Performances von langfristigen Aktieninvestments im Vergleich zu Staatsanleihen und Geldmarktpapieren widmen.

 

Viele Investoren sind der Meinung, dass sich die Wörter Aktien und Sicherheit kaum miteinander vereinbaren lassen. Die vielen Krisen in der Vergangenheit haben das Vertrauen der Anleger in diese Anlageform oft nachhaltig untergraben. Und je mehr Finanzkrisen ein Anleger in seinem Leben erlebt hat, desto größer sind in der Regel auch die Bedenken. Dabei ist es nicht einmal erheblich ob eine Krise in erster Linie den Aktienmarkt trifft oder die Auswirkungen nur in Form eines Kollateralschadens auch Niederschlag am Aktienmarkt finden. Der Aktienmarkt steht seit jeher im Fokus der Finanzberichterstattung, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Anleger Anteilsscheine aufgrund dieser Berichterstattung mehr oder weniger immer im Zentrum des Sturms sehen. Natürlich sind Aktien in der Regel deutlich schwankungsanfälliger als manch andere Anlageform, nichtsdestotrotz bieten sie aber auch den Risiken entsprechende Chancen. Die Stärken des Aktieninvestments lassen sich aber nur bedingt mit kurz- oder mittelfristigen Anlageziele vereinbaren, erst langfristig zeigen sich die wahren Stärken dieser Anlageform. Diesen Umstand heben gleich eine ganze Reihe von Studien und Marktmodellen hervor. Besonders anschaulich hat diesen Zusammenhang eine Analyse der Experten des Vermögensverwalter Allianz Global Investors, einem Tochterunternehmen des Versicherungsriesen Allianz, bereits vor etlichen Jahren gezeigt. Mit ihren Analysen kamen sie zum Schluss, dass derjenige, der also langfristig investieren will und einen Vermögenszuwachs anstrebt, sich überlegen muss, was „Sicherheit“ wirklich bedeutet. Es wird postuliert, dass für langfristige Anlageziele der reale Vermögenszuwachs, also ein Zuwachs abzüglich der Inflation, entscheidender ist, als die jährliche Schwankungsbreite einer Anlegeklasse.

Die Untersuchung von Allianz Global Investors zeigt nämlich, dass für Investoren mit einem sehr langen Anlagehorizont Aktien sehr lohnenswert sein können. Zumindest lassen historische Datenreihen diesen Schluss zu:

Anhand des US-Marktes, für welchen die längste Zeitreihe an Daten zur Verfügung steht, konnten nachgewiesen werden, dass auf Sicht von 30 Jahren, egal zu welchem Zeitpunkt man einstieg, einzig die Aktienanlage in keinem einzigen Fall zu einem Wertverlust geführt hatte. Jeder, der beispielsweise für seine Altersvorsorge innerhalb der zurückliegenden 213 Jahre in US-Aktien investierte, konnte sich mit dem Ersparten nach Ablauf von drei Jahrzehnten immer mehr leisten als zuvor und hat damit also konkret eine Aufwertung der eigenen Kaufkraft erfahren.

Nach Abzug der Inflation kamen Anleger für jeden beliebigen 30-Jahre Zeitraum auf eine durchschnittliche reale Jahresrendite von mindestens 2,81%. Diese Minimalrendite hätten Sparer etwa erzielt, wenn sie 1903 die im S&P 500 zusammengefassten Aktien gekauft und 1933 wieder verkauft hätten. Ein Ausgangsvermögen von 100.000 Dollar hätte sich in diesem Zeitraum real immerhin auf 229.646 Dollar erhöht.

Die maximale Ausbeute hätten Aktieninvestments im Zeitraum zwischen 1857 und 1887 erzielt. Eine durchschnittliche Jahresrendite von 10,63% hätte ein Vermögen von 100.000 Dollar auf 2.071.035 Dollar anschwellen lassen – wohlgemerkt, die Inflation im entsprechenden Zeitraum ist bereits abgezogen.

Dies liegt zum einen sehr lange zurück, zum anderen kann der Finanzmarkt damals nicht mit dem heutigen verglichen werden, könnte man jetzt einwenden. Doch auch eine jüngere 30-Jahres-Periode zeigt, dass das Prinzip nach wie vor gilt: wer 1981 am US-Aktienmarkt einstieg, konnte sich bis 2011 über einen realen Wertgewinn inklusive Dividenden, die immerhin rund die Hälfte der Performance ausmachen, von knapp 7,5 Prozent pro Jahr freuen. Aus 100.000 Dollar wären 2011 also inflationsbereinigt rund 875.496 Dollar geworden - ein ansehnlicher Wertzuwachs. Dabei hat der Aktienmarkt gerade während dieses Zeitraumes viele, zum Teil erhebliche Rückschläge hinnehmen müssen: in die Zeit fiel der Schwarze Montag 1987, als innerhalb von Stunden die Kurse um ein Viertel einbrachen, der 11. September 2001 mit den Terroranschlägen in New York und die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers und die globalen Auswirkungen der Subprimekrise ab September 2008.

Durch solche Ereignisse verfestigte sich der Eindruck, dass Aktien riskant sind. Und tatsächlich gilt dies für kurze Zeiträume fast immer. So zeigt etwa die Studie, dass der maximale Verlust innerhalb eines Jahres am US-Aktienmarkt bei -38 Prozent im Jahr 1932 – wieder nach Abzug der Inflation - lag; dem gegenüber lag der maximale Gewinn aber bei +66% (1862).

In ihren Untersuchungen stellten die Experten von Allianz Global Investors aber auch Vergleiche mit anderen Anlageformen an: bei Staatsanleihen (wohlgemerkt US-Amerikanische) und Geldmarktpapieren blieb dagegen selbst im schlimmsten der 213 Jahre mehr übrig als im schlechtesten Aktienjahr 1932: US-Treasuries verloren 1864 rund 22 Prozent an Wert, Geldmarktpapiere kamen 1948 auf ein Minus von 16 Prozent. Einmal mehr unterstreichen diese Ergebnisse die größere Schwankungsbreite von Aktieninvestments – aber eben nur über kurz- und mittelfristige Horizonte.

Je länger der Anlagezeitraum ist, desto weniger entscheidend ist bei Aktien der Einstiegszeitpunkt in den Markt. Wer sein Geld fünf Jahre in Aktien anlegte, machte innerhalb der vergangenen 213 Jahre in jedem beliebigen 5-Jahreszeitraum in 36 Fällen Verlust, eine Haltedauer von zehn Jahren führte hingegen nur in 16 Fällen zu einem solchen. Hingegen war dies bei einer Haltedauer von 30 Jahren kein einziges Mal der Fall.

Im Zusammenhang mit den Untersuchungen muss nochmals explizit angemerkt werden, dass sich diese nicht auf eine einzige US-Aktie beziehen, sondern auf den breiten Markt. Bei breiter Streuung des Geldes über verschiedene Aktien reduziert sich das Risiko genauso wie über die Zeit. Einen ganzen Markt als Anleger im eigenen Depot abzubilden, ist heute einfacher denn je. Börsengehandelte Indexfonds, sogenannte ETFs, zeichnen die Entwicklung des amerikanischen S&P 500, aber auch des Dax, EuroStoxx50, FTSE MIB oder MSCI World eins zu eins nach.

Dennoch: die Untersuchungen basieren auf vergangenen Marktdaten. Diese mögen mangels Alternativen zwar der beste Schätzer für die Entwicklung in der Zukunft sein, eine Garantie, dass die Aktienindizes im Jahr 2052 höher stehen als heute, gibt es dennoch nicht.

Außerdem bleibt noch eine Frage offen: ist ein Anlagehorizont von 30 Jahren nicht etwas weit gegriffen? Die Antwort muss hier ganz eindeutig Nein lauten. Der Zeitraum von 30 Jahren geht zwar über den üblichen Anlagehorizont hinaus, aber gerade in Hinblick auf die Altersvorsorge oder den Vermögensaufbau zu Gunsten nachfolgender Generationen ist der Zeitraum durchaus angemessen.