Turbulenzen, Krisen und Umbrüche kennzeichnen die derzeitige Wirtschaftslage. Welche Folgen diese für Südtirol haben und warum sich diese als Innovationstreiber erweisen, darüber informierte Georg Lun, Direktor des WIFO der Handelskammer Bozen, am 1. Dezember bei einer Veranstaltung des Raiffeisen InvestmentClubs. Rund 180 InvestmentClub-Mitglieder nahmen am Event im NOI Techpark Südtirol in Bozen teil.
„Es sind herausfordernde Zeiten, die aber auch interessante Chancen bieten“ – das war die Botschaft von Georg Lun angesichts eines chaotischen Jahres 2022. Nachdem die Corona-Krise wirtschaftlich so gut wie überwunden war, löste der Beginn des Ukraine-Krieges eine weitere schwere wirtschaftliche Krise aus. Sie heizte die bereits vorher gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise weiter an und hatte eine Rekordinflation von über 10 Prozent zur Folge. Um diese einzudämmen, wurden die Leitzinsen durch die Zentralbanken erhöht. „Steigende Zinsen werden die Konjunktur einbremsen und die Nachfrage nach Investitionen von Unternehmen und Privaten in den nächsten Monaten dämpfen“, sagte Lun. Auch die Finanzmärkte wurden von den Entwicklungen hart getroffen. Das weltweite BIP-Wachstum wird laut Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) heuer 3,1 Prozent betragen und 2023 auf 2,5 Prozent sinken. Auch in Italien ist im nächsten Jahr mit einem verlangsamten Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent zu rechnen. Das Südtiroler BIP wird laut WIFO-Prognose heuer um 3,8 Prozent und 2023 um 0,5 Prozent wachsen. Die wirtschaftliche Dynamik hierzulande ist von Unsicherheit geprägt, da sie stark von der Entwicklung des internationalen Umfeldes abhängt. „Seit einigen Monaten zeichnet sich bereits ein Rückgang der Rohstoffpreise ab. Die Märkte stabilisieren sich langsam“, sagte Lun. Die Stimmung unter den Südtiroler Konsumenten und Betrieben sei deutlich schlechter als die Lage an sich. Als positive Signale hob Lun die Entlastungspakete der italienischen Regierung und der Landespolitik zur Abfederung der Teuerungswelle hervor.
Krise als Chance
„Wenn man über den Tellerrand hinausschaut, stecken in der Krise große Chancen für neue Geschäftsmodelle“, sagte Lun. Innovationspotential sieht er vor allem in den Bereichen Demographischer Wandel, Infrastrukturen, Digitalisierung und Klimawandel. Als Beispiel nannte er die klimafreundlichen Technologien mit Wasserkraft-, Wind- und Solarenergie, die in Zukunft einen regelrechten Boom erleben werden. Über einen regen Zulauf und Wachstumspotential darf sich auch der im Jahr 2017 gegründete Technologie- und Wissenschaftspark in Bozen „NOI Techpark Südtirol“ freuen, wie Vize-Direktor Hubert Hofer erklärte. Die Einrichtung unterstützt technologieorientierte, möglichst innovative Neugründungen und Startup-Unternehmen. An die 1000 Unternehmer*innen, Forscher*innen, Start-upper und Studierende arbeiten hier in einem Community-Netzwerk zusammen, um das Land und seine Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen. Wie dies in der Praxis konkret vor sich geht, zeigten zwei Start-ups, die ihre Geschäftsideen vorstellten. Sara Canali präsentierte ihr innovatives Businessmodell „SHER“, das Radsportbekleidung ausschließlich für Frauen produziert und deren Bedürfnisse in den Vordergrund stellt. Den Prototyp eines vollelektronischen Offroad-Motorrades stellte Tobias Mairhofer und sein Team vom Start-up „REVEON-motorcycles“ vor, das mit einer neuen E-Antrieb- und Softwaretechnologie einen neuen und nachhaltigen Level im Motorsport setzen will.