Die Tulpenmanie.

Auf die Frage, welches Ereignis in der Geschichte zum Inbegriff für den Irrsinn auf den Finanzmärkten geworden ist, fällt meist relativ schnell das Stichwort Tulpenmanie. Genau genommen handelt es sich dabei weniger um ein Ereignis sondern vielmehr um eine Periode des goldenen Zeitalters der Niederlande im 17. Jahrhundert. In einer prosperierenden Gesellschaft, die es durch sein Kolonialreich und dem weltweiten Handel zu einem ansehnlichen Wohlstand gebracht hatte, wurde eine kleine Zwiebel innerhalb kürzester Zeit zu einem derart begehrten Objekt, dass für manche Exemplare stratosphärische Preise gezahlt wurden. Kurz vor dem Platzen der Blase wurden in einem dokumentierten Fall 1.500 Gulden für eine Zwiebel der Sorte Switser bezahlt, das entsprach damals dem Gehalt eines niederländischen Handwerkermeisters für mehrere Jahre oder 170 Fässer Bordeauxwein. 
Anders als oft dargestellt, war die Tulpenmanie mitnichten die erste Spekulationsblase der Menschheit: Gier, Überschätzung und Verblendung hatten bis ins 17. Jahrhundert bereits für verschiedene Finanzkrisen gesorgt, die Tulpenmanie ist aber die erste sehr gut dokumentierte Blase und insbesondere auch aufgrund des Irrsinns, hohe Preise für ein Gut welches neben dem ästhetischen Aspekt kaum weitere Vorteile aufweist, zu erzielen. 

Wie aber konnte es so weit kommen?
Tulpen stammen ursprünglich aus dem persischen Raum und gelangten um 1560 erstmals von Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, nach Wien und wurden dort vor allem in den kaiserlichen Hofgärtnereien gezüchtet. Der Botaniker Carolus Clusius pflanzte sie 1593, als er von Wien nach Holland zum Leiter des botanischen Gartens von Leiden berufen wurde, erstmals an. Die fremdartige Blume faszinierte die Bürger und wurde bald zu einem Statussymbol und Liebhaberobjekt. Dabei wurde die Pflanze aufgrund mehrerer Eigenschaften geschätzt. Sie war neu, exotisch, exklusiv, dekorativ und anspruchsvoll. 
Selbst Amateure zeigten ihre Begeisterung für die Blumenzucht und legten Gärten an, besuchten sich gegenseitig in diesen und tauschten sich über die Kultivierung der neuen Sorten regelmäßig aus. Neue Exemplare wurden jeweils genauestens in Augenschein genommen. Selbstverständlich konnte sich nicht jeder Niederländer ein solches Hobby leisten, so war es vor allem die sozial gehobene Schicht des gebildeten Bürgertums, der Gelehrten und der Aristokratie welche sich in der Gärtnerei versuchten. War der Handel unter den Liebhabern anfangs eine auf Tauschhandel gegründete Beziehung, kam zum Ende des 16. Jahrhunderts der kommerzielle Handel hinzu. 
Immer neue Züchtungen, wobei ein Virus dabei half, gemusterte Blütenblätter zu erzeugen, sorgten schon bald für eine sehr rege Nachfrage. Da die Nachfrage das Angebot relativ schnell überstieg, schossen auch die Preise in die Höhe. Wurden anfangs nur während der Pflanzzeit in den Sommermonaten Tulpenzwiebeln gehandelt, gingen pfiffige Geschäftsleute irgendwann dazu über, auch solche Zwiebeln zu kaufen und zu verkaufen, die sich noch in der Erde befanden und erst später, nach der Blüte, ausgegraben werden konnten. 
Es entstand ein reger Forward-handel, mit notariell beglaubigten Börsen- bzw. Terminkontrakten oder inoffiziell auf Papierstreifen (coopcedulle) festgehaltenen Geschäften. 
Die Bezahlung war gewöhnlich dann fällig, wenn die Zwiebeln nach der Blüte aus der Erde genommen und übergeben wurden. Da der Markt zur damaligen Zeit stets im Steigen begriffen war, vertrauten sich die Geschäftspartner. Als Konsequenz entwickelte sich der Tulpenhandel zu einem reinen Spekulationsgeschäft. Niemand war dazu in der Lage, verbindliche Aussagen darüber zu treffen, wie die gehandelten Tulpen aussehen, noch ob sie in der neuen Saison überhaupt blühen würden. Aufgrund dieser unklaren Handelsgrundlage wurde das Geschäft mit Tulpen auch als Windhandel bezeichnet. 
Zum Zwecke der Veranschaulichung des zu erwartenden Aussehens einer Tulpe gaben die Züchter und Händler Kupferstiche und Aquarelle von Tulpensorten in Auftrag und sammelten diese in Handels- bzw. Versteigerungskatalogen, so genannten Tulpenbüchern. 

Während der 1630er Jahre überschlugen sich die Ereignisse. Jetzt konnten nicht nur Optionsscheine auf Tulpenzwiebelanteile gekauft werden, zunehmend mischten auch reine Spekulanten, die die Zwiebeln oder Kontrakte darauf ausschließlich mit dem Ziel kauften, sie später gewinnbringend weiterzuverkaufen, an diesem heißen Markt mit. Die Preise explodierten und stiegen von 1634 bis 1637 um mehr als das 50-fache an. Der höchste Preis für die wertvollste Tulpensorte Semper Augustus lag Anfang 1637 bei 10.000 Gulden für eine einzige Zwiebel, zu einer Zeit, als ein Zimmermann rund 250 Gulden im Jahr verdiente. 

Das Ende der Hausse kam relativ schnell und ohne Vorwarnung. Bei einer Versteigerung am 5. Februar 1637 gab es erstmals nicht mehr genug Käufer. Dies musste für viele Marktteilnehmer ein wahres Schockerlebnis gewesen sein, war es bisher doch nur bergauf gegangen. Plötzlich war das Vertrauen in den Markt nachhaltig zerstört, die Preise fielen um über 95 Prozent. Mancher Bürger verlor sein Vermögen. Für viele waren die Verluste schmerzlich, trotzdem trieben sie wohl nur wenige Bloemisten auch wirklich in den Ruin. Viele Beteiligte waren wohlhabende Kaufleute, die bei anderen Geschäften viel höhere Summen einsetzten.
So war es am Ende für die allermeisten zwar ein finanzielles Verlustgeschäft, viel schwerwiegender war der Zusammenbruch des Tulpenmarktes allerdings für die Gesellschaft. Denn er offenbarte, wie brüchig die Beziehungen zwischen Geschäftspartnern waren. Wem konnte man noch trauen, wenn Versprechen gebrochen werden und ein Ehrenmann sich nicht wie ein solcher verhielt?
Die traditionelle Interpretation der Ereignisse und Auswirkungen, die sich schon in der zeitgenössischen Kritik findet und von späteren Interpretationen aufgegriffen wurde, sehen in den Ereignissen eine regelrechte Zäsur, welche am Ende zum Ruin vieler Beteiligter führte und der niederländischen Wirtschaft insgesamt einen schweren Schaden zugefügt hatte. Neuere Forschungen bemühten und bemühen sich hingegen darum aufzuzeigen, dass der Preisanstieg und Preisverfall von Tulpen nicht als irrationale und singuläre Manie dargestellt werden kann, sondern kehren institutionelle Ursachen für die Blase hervor und relativieren die gesamtwirtschaftliche Relevanz. Am Ende bleibt die Tulpenmanie aber ein sinnbildliches Beispiel wie sehr übersteigerte Geltungssucht und Gier den klaren Blick vernebeln und am Ende zu einem bösen Erwachen führen können. Leider scheinen die Menschen dennoch die Lehren hieraus nicht gezogen zu haben, anders lassen sich die in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden Spekulationsblasen kaum erklären.